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Bad Laaspher Freundeskreis für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Gegen das Vergessen des dunkelsten Kapitels

Für die einen waren es persönliche Begegnungen und Emotionen, die anderen lässt ein dunkles Stück Heimatgeschichte nicht los. Alle wollen das Vergessen verhindern, die Erinnerung wachhalten, mahnen und sich um Völkerverständigung bemühen. Unterschiedliche Auslöser waren es und gemeinsame Motive sind es, die Menschen aus Bad Laasphe, aus dem gesamten Siegerland und dem benachbarten Hessen dazu bewegen, im Bad Laaspher Freundeskreis für christlich-jüdische Zusammenarbeit mitzuarbeiten und ihn zu unterstützen. Der Vereinsgründung voraus ging eine Veranstaltung am 50. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938.

Der damalige Bad Laaspher Bürgermeister Otto Düsberg lud die jüdischen Bürger, die einst in Bad Laasphe gelebt und den Völkermord überlebt hatten, für den 9. November 1988 nach Bad Laasphe ein. 15 Juden kamen, fast alle zum ersten Mal seit ihrer Flucht oder Deportation aus Wittgenstein. „Das war eine eindrückliche Veranstaltung. Das Haus des Gastes war so voll wie noch nie“, erinnert sich Gründungsmitglied Rainer Becker, der heute Schriftführer ist. Einige Laaspher wollten es dabei nicht belassen und gründeten am 10. November 1991 den Bad Laaspher Freundeskreis für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Er veranstaltet gemeinsam mit der Stadt jedes Jahr die Gedenkveranstaltung am 10. November und darüber hinaus Ausstellungen, Vorträge und Veranstaltungen, unter anderem mit Zeitzeugen und in Schulen.

Der Freundeskreis pflegt Kontakt zu Nazi-Opfern aus Bad Laasphe und zu deren Angehörigen. Herbert Präger, der als 20-Jähriger nach Auschwitz deportiert wurde und in den 1980er und 1990er Jahren mehrmals Bad Laasphe besuchte, bekam auf eine Initiative des Freundeskreises hin in seiner Heimat Israel den Ehrenbrief der Stadt Laasphe verliehen. Mehrmals gab es bisher Besuche und Gegenbesuche in Israel und den Niederlanden. Auch auf den alle zwei Jahre stattfindenden Studienfahrten, die der Freundeskreis in diesem Jahr nach Vilnius unternommen hat und die in den vergangenen Jahren beispielsweise nach Krakau mit Auschwitz und nach Prag mit Theresienstadt führten, spürt der Verein der jüdischen Geschichte nach. Eine noch ungeklärte Frage, der sich der Verein widmet, ist, warum 47 Laaspher Juden ausgerechnet in das Vernichtungslager in der Nähe von Zamosc in Ostpolen deportiert wurden. Zu einem Studientag zu dem Thema lud der Freundeskreis Überlebende aus einer polnischen Organisation ein. Vielleicht entsteht daraus eine Schulpartnerschaft. Unabhängig von Terminen leitet das Faltblatt „Spurensuche“, das der Freundeskreis herausgegeben hat, zu einer jüdischen Stadtführung durch Bad Laasphe an.

„Wir sind jetzt in einer Umbruch-Situation, weil die Überlebenden so langsam nicht mehr da sind“, sagt die Vorsitzende Gisela-Ingrid Weissinger. „Jetzt sind es deren Kinder, zu denen Kontakt besteht.“ Auch in Laasphe selbst macht man sich Gedanken um die Zukunft des Vereins, denn das jüngste Mitglied ist über 40 Jahre alt. Der Vorstand geht aber davon aus, dass der Freundeskreis auch weit über den 20. Jahrestag am 10. November dieses Jahres hinaus bestehen wird. Schließlich ist er regelmäßig in Laaspher Schulen präsent, und in der Kernstadt von Bad Laasphe stolpert man buchstäblich an vielen Stellen über die jüdische Geschichte. Denn der Bildhauer Gunter Demnig hat im Rahmen der gleichnamigen bundesweit bekannten Aktion über 80 „Stolpersteine“ in die Bürgersteige vor früheren Wohnungen von Nazi-Opfern eingearbeitet – für jedes dem Freundeskreis bekannte Opfer hat der Verein mit Hilfe von Spenden einen der Messingsteine finanziert.